Meine heutige Tour führte mich mal wieder nach Brandenburg. Mein eigentliches Ziel lag an der Havel. Da ich gar nicht wußte, was mich dort erwartet, plante ich noch ein Zwischenziel in Ludwigslust ein.
Die Sachen waren gepackt und so fuhr ich pünktlich um 6 Uhr morgens los. Die Autobahn Richtung Berlin war leer und ich kam gut voran. In Wöbbelin fuhr ich ab und gönnte mir erst einmal einen Kaffee bei LTG. Nun waren es nur noch 15 Minuten Fahrzeit bis zu den Überresten des alten Fliegerhorstes. Die Sonne war gerade aufgegegangen und es schien ein toller Tag zu werden.
Fliegerhorst Ludwigslust-Techentin
Vom alten Fliegerhorst ist nicht mehr viel übrig geblieben. Bis 1937 war hier die Flugzeugführerschule C-6 stationiert. Nach dem 2. Weltkrieg nutzten die Sowjets das Gelände für ihre Bodenstreitkräfte. Nach deren Abzug lag das Gelände brach. Heute stehen hier noch zwei der drei großen Flugzeughallen und ein paar Nebengebäude. Auf dem Platz der östlichsten Halle befindet sich jetzt der Betrieb eines großen Entsorgungsunternehmens.
Ich parkte im angrenzenden Industriegebiet. Es war keine Menschenseele unterwegs. Ich schnappte meine Ausrüstung näherte mich der östlichen Halle. Hinter den niedrigen Kiefern, die auf dem Brachgelände überall wachsen, ist man gut vor fremden Blicken geschützt. Die recht verfallenenen Hallen, aber besonders die Nebengebäude faszinierten mich so sehr, das ich hier ein paar Stunden verbrachte.
Mehr Bilder und noch ein paar Informationen findest Du im Artikel: Fliegerhorst Ludwigslust – Starker Verfall
Besser konnte der Tag gar nicht starten. Bei einem zweiten Frühstück stärkte ich mich, bevor es weiter Richtung Premnitz-Döberitz ging.
VEB Lackfabrik Schollene
Auf dem Weg nach Rathenow kam ich kurz vorm Truppenübungsplatz KLietz durch ein kleines Dorf. Die 30er Zone zwang mich zur ruhigen Fahrt und lies meine Blicke in die Gegend schweifen. Da fiel er mir auf… der Schornstein hinter zugewachsenen Gebäuden. Ich war noch gut im Zeitplan und machte eine Kehrtwende. Da ich nicht wußte, was mich erwartet, fuhr ich direkt bis zum offen stehenden Tor. Da niemnad weit und breit zu sehen war, schnappte ich mein Handy und wagte einen Blick auf das Gelände. Ein großes RAUCHEN VERBOTEN am Hauptgebäude machte mich neugierig. Alle Türen und Tore standen offen. Innen war alles leergeräumt. Ich durchquerte das Gebäude und näherte mich den Hallen im nördlichen Teil. Da dort ein Boot auf einem Trailer und ein PKW parkten, wollte ich dort nicht weitergehen und wand mich dem landschaftlich schönen Teil am Fluß zu. Eine verrostete Straßenlaterne stand am Rand der zugewachsenen Platten direkt am kleinen Wäldchen. Von da aus hat man einen herrlichen Blick auf die Wiesen am Wasser – dem Grützer Vorfluter, eine Seitenschleife der Havel. Ich genoss ein paar Minuten die Ruhe bevor ich wieder Richtung Einfahrt zurück ging. Es gab noch eine große Halle, in der die Dorfjugend schon die eine oder andere Party gefeiert hatte. Das Pförtnerhäuschen mit dem angrenzenden Flachbau war auf der Rückseite wunderschön mit Efeu eingewachsen. Von vorne machte die Holzbaracke eher einen trostlosen Eindruck.
Da ich zum Fotografieren GoogleMaps auf dem Handy ausgeschaltet hatte, kam beim Losfahren eine kleine Überraschung auf mich zu: Ich hatte kein mobiles Internet und mein Navi konnte den Weg nicht berechnen. Und so fuhr ich bis nach Rathenow einfach mal oldschool nach Schildern am Straßenrand weiter.
Industriegebiet Premnitz-Döberitz
Von Rathenow sind es nur noch wenige Minuten bis nach Premnitz-Döberitz. Der kleine Ort hat eine große Industriegeschichte. Er wurde um 1650 zum ersten Mal in diesem Zusammenhang mit einem Teerofen erwähnt. Im ersten Weltkrieg wurde hier ein Sprengstoffwerk gebaut. Bereits 1904 erhielt der Ort einen Bahnanschluß – damit stand einer raschen Entwicklung nichts mehr im Weg. In meinem Artikel: NOVOKTAN Anlage – Mark Brandenburg habe ich etwas genauer recherchiert und die Entwicklung vom Dorf bis zum Industriestandort aufgezeigt.
Heute gibt es hier einen hochmodernen Industriepark. Doch mein Ziel lag östlich der Siedlung Döberitz direkt am Rand der Pritzerber Laake – einem großen Naturschutzgebiet. Ich machte einen kleinen Zwischenstop am stillgelegten Bahnhof, der heute ein Wohnhaus ist. Der Bahnübergang führt vorbei an den alten Doktorhäusern bis zum Entsorgungsunternehmen Fehr. Dort versperrt ein großes Tor die Einfahrt zum alten Industriegebiet. Ich mußte einen anderen Weg finden.
Das Gelände besticht durch eine große Vielfalt verschiedener Gebäude. Durch den direkten Gleisanschluß gibt es auch mehrere Laderampen mit Hallen zum Zwischenlagern von Gütern. Alle Gebäude sind nahezu vollständig entkernt. Der Zustand ist aber noch gut. Beeindruckend fand ich die Feuerwache mit dem Schlauchturm. Spannend sind auch die Stromverteilungen mit ihren großen Isolatoren. Das Titelbild zeigt die Schweißerei mit den Vorlieben des Meisters: Nackte Haut und Autos!
Ebenfalls sehr spannend ist das Waldgebiet östlich der Industriebrache… Hier stand früher die Pulverfabrik mit der Minenabfüllanlage. Es ist etwas gespenstig, wenn man hier durch den Wald spaziert. Überall findet mal riesige Betonkonstruktionen. Mich würde brennend interessieren, wofür die halbrunden Aufnahmen waren, die mich an überdimensionale Weinregale erinnern oder die kreisrund angeordneten Betonsäulen, die wie Abschußrampen aussehen. Geht man noch weiter Richtung Waldfriedhof findet man eine Wallstruktur im Wald. Dazwischen immer wieder gesprengte Betonkonstruktionen. Ob das Bunker, Brücken oder etwas ganz anderes waren, kann ich leider nicht sagen.
Wer hierzu etwas weiß, darf gerne einen Kommentar hinterlassen. Ich würde mich sehr freuen!
Hallo Ronald,
die Strukturen im Wald von Gapel (Döberitz) kann ich Dir gerne erklären.
Die Weinregale waren wirklich so was ähnliches, hier lagen große stählerne Tankbehälter auf den Betonauflagern. Wein ist allerdings deutlich leckerer! Sie nahmen Ammoniak auf, der für die hier erfolgte Sprengstoffherstellung (TNT u.a.) im 2. WK erforderlich war. Die kreisrunden Betonsäulen waren Fundamente für die langen metallischen Reaktoren, in denen der für die Sprengstoffherstellung so wichtige Ammoniak nach dem Haber-Bosch-Verfahren hergestellt wurde. Hier liegen auch noch sogenannte Raschigringe im Wald herum, die waren in den Reaktoren. Sehen aus wie kleine Knochenstücke…. Das ganze war Teil der sog. Ammonalfabrik, die neben dem Werk der Bleitetraethylherstellung lag. Daher auch die gesprengten Bunker. Das ganze liegt seit 1945 brach.
Bevor man den Ammoniak synthetisieren konnte, musste er noch in Form von Vogelkacke (ChileSalpeter) herantransportiert werden. Am Zugang des ehemaligen Novoktanwerkes, dort wo Du nicht mehr weiterfahren konntest, steht noch eine alte Lagerhalle mit einem halbrunden Dach dafür. Im ersten WK wurde hier nämlich schon einmal Sprengstoff hergestellt, das dann auf dem Gelände der früheren Novoktan (Bleitetraethylherstellung).
Zu den merkwürdigen Erdwällen kann ich auch nicht weiterhelfen, vielleicht waren es mal Fundamente von Lagerbaracken von Zwangsarbeitern oder sie sind im Zuge der Demonatage nach dem 2. WK als Lagerplatz entstanden.
Auf jeden Fall eine interessante Ecke
Rainer