Eine SMS vom Reisebüro ließ uns zusammenzucken: „Bitte melden Sie sich umgehend bei uns. Es gibt eine Änderung bei der Rückreise nach Deutschland!“
Meistens bedeutet das nichts gutes. Doch in unseren Fall verschob sich der Rückflug vom frühen Vormittag zum späten Nachmittag. Bingo… wir hatten einen Tag dazugewonnen!
Also konnten wir entspannt aufstehen, gemütlich frühstücken und sogar noch ein paar Caches angehen. Wir hatten ja noch ein paar Leckerbissen auf unserer Liste.
Da war zum einen noch das Felsentor, für das wir mittlerweile konkrete Pläne hatten und zum anderen ein LPC bei uns im Ort, den wir bis dato übersehen hatten.
Beim Lost Place handelte es sich um verlassenes Gebäude am nördlichen Ortsausgang. Von außen eher unspektakulär – aber das Haus hatte einen schönen Innenhof mit Bäumen und einen Rundgang mit Säulen. Auf dem Dach des eingeschössigen Quarrees befand sich eine umlaufende Terrasse und ein kleiner Turm krönte das Ganze an der Südseite. Es war wie ein kleines Schloß. Ich wundere mich immer wieder, warum solche Anwesen einfach ungenutzt zu grunde gehen.
Gut geübt durchkämmten wir das Haus und hatten schnell die Finalkoordinaten errechnet. Das Loggen war dann reine Formsache. Während ich noch ein letztes Foto schoß, hibbelten die Anderen schon in den Autos rum – alle waren heiß auf unsere Expedition zum Felsentor…
Und „Expedition“ ist wirklich das richtige Wort für diese Unternehmung. Wer den Beitrag über das letzte Paradies gelesen hat, wird sich an unseren gescheiterten Spontanversuch erinnern. Heute hatten wir einen handfesten Plan – und den galt es umzusetzen.
Wir parkten am idyllischen Strand in der Bucht von Santanyi. Unsere Recherchen hatten ergeben, das es hier einen Tretbootverleih geben muß. Und tatsächlich, es gab Tretboote… und sogar welche mit Wasserrutsche. Dieses Detail sollte eine knappe Stunde später unser Joker sein!
Während wir in die Badehosen schlüpften, wurde das Tretboot begutachtet. Es galt eine Entscheidung zu treffen: Reicht ein Tretboot für 6 Erwachsene, die aufs offene Meer hinaus wollen?
Nach einer kurzen Beratschlagung mit dem Vermieter einigten wir uns auf ein: Ja – ein Boot muß reichen!
Schnell wurde unsere Ausrüstung, die hauptsächlich aus Fotoequipment, Taucherbrillen und Süßigkeiten bestand wasserdicht verpackt und auf dem kleinen Boot provisorisch verstaut. Dank der Räder, die das Tretboot quasi zum Amphibienfahrzeug machten, konnten wir es leicht zum Wasser rollen.
Nach und nach kletterten wir an Bord. Der Wasserstand an der Bordwand kam erschreckend nahe an die Oberkante unserer Sitzfläche. Aber an Aufgeben dachte keiner…
Gemächlich fuhren wir aus der Bucht. Jetzt konnten wir unser Ziel das erste Mal sehen. Aus dieser Perspektive wirkte das Tor ziemlich monströs. Der aufkommende Wind zauberte nun auch die ersten Wellen auf das bisher spiegelglatte Meer. Die Lenzlöcher, durch die das überschwappende Wasser ablaufen soll, bildeten kleine Springbrunnen: Jede Welle drückte Wasser von unten durch die Lenzöffnungen an Bord. Für solche Einsätze war das Tretboot einfach nicht gemacht. Um nicht auch noch die Wellen schräg zu erwischen fuhren wir eine Weile weiter geradewegs aufs Meer hinaus. Der anschließende Kurswechsel spülte uns förmlich zum Felsentor und wir drohten hindurch zufahren. Mit vereinter Kraft – alle paddelten mittlerweile mit den Händen mit – schafften wir es, die geplante Aufstiegsstelle zu erreichen. Der starke Wellengang machten es uns nicht leicht, das Boot länger Zeit an einer Position zu halten. Alle starrten nach oben während sich das Boot langsam der Brandungshohlkehle näherte. Der zu überwindende Spalt zwischen Wasser und Felsen betrug ungefähr einen Meter. Operative Hektik kam auf – das Boot drohte gegen den Felsen zu prallen. Wer steuert das Boot und wer wagt den Sprung auf den Felsen? Es blieben nur wenige Sekunden für diese Entscheidung. Jetzt kam die Rutsche ins Spiel… Einer nach dem Anderen kletterte hinauf und sprang mutig ab. Etwas später klammerten wir uns zu dritt an die steile Felswand. Es gab kein zurück mehr – das Tretboot war bereits schon wieder auf offener See.
Das Adrenalin in unseren Adern bestimmte den einzig denkbaren Weg. Und der ging nach oben. In Badehosen und Schwimmschuhen kletterten wir die rauhe Felswand nach oben. Keiner dachte an den Abstieg. Wir wollten erst einmal das sichere Plateau erreichen. Erst jetzt bemerkten wir, wie weit das Tretboot aufs Meer hinausgetrieben war und wie schwer es den Dreien fiel, es unter Kontrolle zu bringen. Wir verschnauften kurz und machten uns dann auf die Suche nach dem Geocache in 20 m Höhe. Vorsichtig überquerten wir dabei den Torbogen. Ohne es zu wissen wurden wir dabei von einer Urlauberin gefilmt, welche wir später durch einen riesengroßen Zufall trafen und so die Fotos und Videos austauschen konnten.
Um den Zerfall dieses Naturmonumentes vorzubeugen, waren die großen Felsbrocken auf dem Gipfel mit starken Metallstangen verschraubt. Nach ca. 10 Minuten und unzähligen Schrecksekunden, weil wir wieder Tauben aufgescheucht hatten, fanden wir die Dose. Was für ein Triumph!
Die Jungs im Tretboot waren in der Zwischenzeit wieder im Bereich der Wechselstelle angekommen. Uns trennten davon nur noch ca. 20 Höhenmeter. Der Abstieg dauerte etwas länger als der Weg nach oben. An einen direkten Wechsel zurück aufs Boot war nicht zu denken. Also beendeten wir den Abstieg mit einem 3m Sprung ins Wasser. Wenig später waren wir wieder auf unserem Hochseetretboot und fuhren gleich weiter zur nächsten Bucht – dort wartete ein Tauchcache auf uns.
Und weil wir drei schon nass waren, durften wir auch gleich versuchen, den farbigen Karabiner auf dem Grund der traumhaften Bucht zu finden. Doch wir fanden nix. Zweifel machten sich breit, ob wir überhaupt an der richtigen Stelle suchen. Außerdem mußte das Tretboot wieder zurück gebracht werden.
Wir entschieden uns für eine Aufteilung: Während drei von uns versuchten, den Cache zu finden, machten wir uns auf den mühsamen Rückweg zur Nachbarbucht. Der Gegenwind machte die Fahrt zur Tortur. Die Wellen schwappten immer wieder auf das Boot und füllten die Pedalmulden mit Wasser. Abwechselnd strampelten wir bis zur völligen Erschöpfung. Alle mitgeschleppten Keks- und Wasserreserven waren aufgebraucht. Die Einfahrt in unsere Bucht teilten wir uns dann mit einer riesigen Segelyacht.
Die Mietzeit hatten wir natürlich längst überschritten. Also zahlten wir die Differenz nach und packten alles in die Autos.
Am Treffpunkt warteten schon die Anderen auf uns. Sie konnten die Finalkoordinaten in der Zwischenzeit ermitteln. Damit stand auch diesem Logbucheintrag nichts mehr im Wege. Erleichterung machte sich breit. Wir hatten es tatsächlich geschafft! Nun war es an der Zeit, die Flugklamotten anzuziehen und den Rückweg nach Palma anzutreten. Hier sprach uns eine junge Frau an, ob wir die Verrückten sind, die auf das Felsentor geklettert sind. Mit einem stolzen Lächeln nickten wir. Dann zeigte sie uns die Videos. Coole Sache!
Zufrieden gings auf die Autobahn Richtung Westen. In Gedanken liefen die letzten vier Tage im Zeitraffer noch einmal durch… Da kam mir ein Gedanke: Seit drei Jahren wollen wir den großen Lost Place südwestlich von Palma erkunden. Bis zum Flug wäre noch genügend Zeit, dieses Highlight auch noch mitzunehmen. Ein kurzes Telefonat mit der Crew im andern Citreön Berlingo führte zur spontanen Kursänderung: Treffpunkt Fuerte De Illetas. Getrennt durch den dichten Verkehr in Palma kamen wir trotzdem zeitgleich an der alten Festung an. Wir hatten keine Zeit zu verlieren. Der Flieger in die Heimat sollte in knapp drei Stunden gehen.
Bereits auf der Fahrt studierten wir das Cache-Listing. Wir wußten also was zu tun ist und konnten sofort die spannende Tour durch die alte Festung starten. Der Einstieg war schnell gefunden und sofort zog uns das Gelände in seinen Bann. Immer wieder fanden wir neue Überraschungen – hier hat der Cache-Owner gute Arbeit geleistet. Auch wenn es nicht an jeder Station sofort schnackelte, arbeiteten wir uns kontinuierlich vorwärts. Doch dann der Schreck: Das Final ist ja ganz wo anders! Doch als wir uns wieder gefangen und neu orientiert hatten, beschlossen wir auf dem Weg dort hin noch den Tradi auf dem Gelände zu suchen.
Nun wollten wir aber wissen, ob wir echte Bravehearts sind. Nach einem kleinen Fußmarsch erreichten wir das Zielgebiet. Es sah sehr vielversprechend aus. Sofort schwärmten wir aus… Doch wir fanden nichts! Außer einem Ort, der nicht ganz ohne war. Um hier nicht zu spoilern, endet jetzt die Story. Im Team nahmen wir aber auch diese letzte Hürde und stempelten den Letterbox Stempel in unser Tourbuch.
Die Zeit verging wie im Flug und die letzte Herausforderung für diesen verrückten Tag stand an: Wir müssen unseren Flieger bekommen! Und vorher noch die Autos abgeben!
Alles ging gut – wenn auch hart am Limit!
Hallo Ronald, dieser Bericht vom Felsentor ist ja spannend wie ein Krimi. Und dass euch die Frau angesprochen hat, die ein Video der verrückten Deutschen gemacht hat, finde ich toll!