Gummifabrik Harburg – Backsteinromantik

Es ist schon ziemlich lange her, das ich in Sachen Urbex und Lost Places unterwegs war. Um so erstaunter war ich, als ich über dieses Objekt stolperte, das ich bis dato noch gar nicht auf dem Zettel hatte. Und das ist ziemlich schade, denn das seit 2009 stark verfallende Gebäude bietet bis auf wenige gute Graffitis kaum noch etwas spektakuläres… Der Keller ist mit Wasser geflutet und war deshalb für mich tabu. Die Gebäude des Komplexes sind nahezu vollständig entkernt. Alles ist vollgeschmiert, die Fenster sind zerschlagen. Die Fußböden des nordwestlichen Gebäudes sind sehr marode. Die Holzdielen sind morsch und drohen zu brechen – dann geht es sofort 5m abwärts! Dort ist es schon sehr gefährlich, das Treppenhaus zu verlassen. Ansonsten ist der alte Backsteinkomplex noch gut in Schuß.

Schon verrückt, das hier mehr als 155 Jahre lang Kämme aus Hartgummi produziert wurden, die unter klingenden Namen wie „Matador“ „Hercules“ oder „Triumph“ weltweit bei Friseuren hoch gehandelt wurden.

Der monströse Gebäudekomplex der New-York Hamburger Gummi-Waaren Compagnie am Harburger Binnenhafen ist einer der bedeutendsten Zeitzeugen der Industrialisierung Hamburgs. Leider verfällt er seit dem Standortwechsel des Unternehmens nach Lüneburg zunehmend.

Als erste Hartgummifabrik des Deutschen Reiches ist dieses Ensemble nicht nur von hoher industriegeschichtlicher Bedeutung. Es ist aufgrund seiner Präsenz und Fernwirkung stadtbildprägend für das Industriegebiet des Harburger Binnenhafens und damit unverzichtbar für die Identität des gesamten Stadtteils. Und so kämpft der Denkmalverein um eine Integration des Denkmals in ein neues Stadtbild. Doch es ist wie so oft: Investoren verpflichten sich mit dem Kauf zur Umgestaltung und scheitern dann bewußt oder fremdgesteuert an der Umsetzung.
Nach dem Wiederaufbau der Anlage nach einem Brand 1866 wurde die Fabrik immer wieder durch neue Bauten und Erweiteungen ergänzt. Und so ist das gesamte Ensemble ein beeindruckendes Bauwerk einer historischen Industrie- und Backsteinarchitektur.
Geht es nach den Städteplanern könnte sich hier mittels einer Mischnutzung ein lebendiges neues Quartier entwickeln, das von einer beeindruckenden Vergangenheit zu berichten hätte. Doch heute kuscheln sich die neuen, modernen Gebäude der Voss Rail Services – nur getrennt durch einen wackeligen Bauzaun – an das Grundstück der alten Gummifabrik. Der Spalt zwischen Verfall und Zukunft ist nur ca. 20m breit.

Verfall und Moderne

Übrigens: Die legendären Kämme werden immer noch produziert – in einer 2009 neu eröffneten Fabrik in Lüneburg.

Links (Quellenangabe und weitere spannende Informationen):
New-York Hamburger Gummi-Waaren Compagnie

Wie eine Industrieruine zur Goldgrube wird

New-York Hamburger Gummi-Waaren Compagnie (Wikipedia)

Lost Place in Hamburg: Diese Halle war mal weltbekannt – jetzt ist sie eine Ruine

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